Das Forschen mit Kindern im Umbruch der Zeiten
Das Forschen mit Kindern hat eine lange und teilweise unschöne Tradition. Bis in die Moderne hinein wurden oft drastische Methoden genutzt, um die Verhaltensweisen von Kindern zu erforschen und so beispielsweise Schlüsse auf das Entstehen von Ängsten und Aversionen zu ziehen. Besonders Waisenkinder hatten hier kein gutes Los und wurden, nicht viel anders als Laborratten, in die Forschungen miteinbezogen. Sicherlich konnten teilweise beeindruckende Erkenntnisse dadurch gewonnen werden, doch oft auf Kosten einer kindlichen Psyche.
Kindheit - eine eigenständige Lebensphase
Mit der so genannten "Entdeckung der Kindheit" in den 1960er Jahren wurde letztlich das Bild vom Kind als einem "kleinen Erwachsenen" obsolet. Vor allem wurde dieser Paradigmenwechsel vorangetrieben durch die Veröffentlichung "L'enfant et la vie familiale sous l'Ancien Régime" von Philippe Ariès. Das Prinzip der "Kindheit" wird somit der Moderne zugeschrieben. Teilweise erkannten bereits schon früher einige Wissenschaftler und Pädagogen die Lebensspanne bis ungefähr zum 12. Lebensjahr als eine eigenständige Entwicklungsphase an, wie etwa Jean Jacques Rousseau im 18. Jahrhundert. Dieser war seiner Zeit allerdings weit voraus und traf mit seinen Thesen über die Kindheit nicht unbedingt den allgemeinen Ton seiner Zeitgenossen und der gängigen Erziehungsmethoden.
Sanftes Vorgehen
In den heutigen Versuchsaufbauten beim Forschen mit Kindern ist das Vorgehen immer sehr vorsichtig und kindgerecht. Wenn ein Kind zeigt, dass es eine Situation unangenehm oder beängstigend findet, wird ein Versuch sofort abgebrochen. Auch sind Bezugspersonen immer mit vor Ort, um das Kind sofort wieder zu beruhigen und ihm ein Gefühl der Sicherheit zu geben.
Der Fremde-Situations-Test
Ein Beispiel für das Forschen mit Kindern ist der Fremde-Situations-Test, der in den 1970er Jahren von Mary Ainsworth entwickelt wurde und bis heute seine Anwendung in der wissenschaftlichen Empirie findet. Bei diesem standardisierten Versuchsaufbau werden Kinder im Alter von zwölf bis 24 Monaten auf ihr Bindungsverhalten und die Bindungsqualität zur Mutter getestet. Ein Kind wird hierbei einer fremden Umgebung, einer fremden Person und zwei Trennungen von der Mutter ausgesetzt und das Verhalten beobachtet. Was sich vielleicht zunächst unangenehm für ein Kind anhört, ist jedoch harmlos und unschädlich. Zeigen Kinder starke Reaktionen, wird hier wie in allen gängigen modernen Forschungsaufbauten mit Kindern sofort beschwichtigend eingegriffen.